Kernbotschaften Netzwerk Universitätsmedizin (NUM)

Anlass und Ausgangslage

Als im März 2020 die COVID-19-Pandemie ausbrach, entstand eine Welle von Forschungsinitiativen. Diese waren allerdings anfänglich stark fragmentiert. Deutschland verfügte zu diesem Zeitpunkt noch über keine landesweiten Strukturen, um klinische Daten aus den 36 Universitätskliniken für die Forschung zu sammeln und zu teilen. Zur Koordination und Stärkung der Forschungsaktivitäten an den Universitätskliniken und dem Aufbau notwendiger Strukturen, initiierte die Bundesregierung im April 2020 das Netzwerk Universitätsmedizin (NUM). Dieses Projekt wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit finanziellen Mitteln unterstützt. In der ersten Förderphase von April 2020 bis Dezember 2021, mit einem Fördervolumen von 150 Millionen Euro, arbeiteten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in 13 standortübergreifenden Teilprojekten zusammen. Die zweite Förderperiode begann im Januar 2022 mit einem Budget von 240 Millionen Euro. Die Forschungsarbeiten im Rahmen des NUM lieferten bedeutende Beiträge zur Bekämpfung der Pandemie und führten zum Aufbau umfangreicher Forschungsinfrastrukturen. Diese Infrastrukturen unterstützen die gemeinsame Forschung aller beteiligten Universitätskliniken. Dabei griff das NUM, wo möglich, auf bestehende Strukturen zurück, wie etwa die Studienplattform des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK), das Notaufnahmeregister AKTIN oder die Datenintegrationszentren der Medizininformatik-Initiative (MII).

 

Ziele

  • Etablieren eines bundesweiten, umfassenden Studien- und Datenraums für die klinische Forschung, der sowohl Daten aus der Routinedokumentation der Patientenversorgung als auch zusätzliche, beispielsweise in prospektiven klinischen und klinisch-epidemiologischen Studien erhobene Daten umfasst
  • Optimales Vorbereiten der biomedizinischen Forschungslandschaft auf zukünftige Pandemien und andere große Krisen der Öffentlichen Gesundheit
  • Schaffen eines zentralen Ansprechpartners zu klinischer Forschung auf nationaler Ebene, der Stakeholder einen schnellen und effizienten Zugang zur gesamten deutschen Universitätsmedizin bietet

 

Kooperation statt Wettbewerb

Das NUM unterstützt ausschließlich kooperative und strukturbildende Projekte, bei denen möglichst viele Universitätsklinika eingebunden werden. Dieser Verbundcharakter und das gemeinsame und abgestimmte Vorgehen sind kennzeichnend für das Netzwerk. Die Federführung der Projekte liegt in der Regel bei zwei Standorten. Häufig bauen die eingebrachten Kompetenzen aller beteiligten Standorte aufeinander auf, ergänzen sich und entfalten nur zusammen das volle Potential. Insgesamt 38 Verbundprojekte wurden unter dieser Prämisse bereits angestoßen. Sieben davon haben sich zu dauerhaften Forschungsinfrastrukturen weiterentwickelt, die für verschiedene Forschungszwecke verwendet werden können und kontinuierlich angepasst werden. Solche Infrastrukturen bzw. Plattformen sind die Voraussetzung für die gemeinsame, standortübergreifende Nutzung von Forschungsdaten und die Durchführung großer kooperativer Forschungsprojekte. Sie sind für Fragestellungen über die gesamte Breite der Medizin ausgelegt und sollen daher zukünftig neben COVID-19 für weitere Krankheitsbilder genutzt werden.

Dem Netzwerk gelang es, in Zusammenarbeit mit zahlreichen Partnern innerhalb und außerhalb des NUM und unter Einbindung bereits vorhandener Infrastrukturen in wenigen Monaten Strukturen zu schaffen, damit die Standorte der Universitätsmedizin ihre Aktivitäten zu COVID-19 abstimmen und gemeinsam forschen konnten. Dazu wurde auf nationaler Ebene eine Steuerungs- und Koordinierungsinfrastruktur aufgebaut. Zum ersten Mal war es damit gelungen, dass sich alle 36 deutschen Universitätsklinika übergreifend vernetzen und in der Forschung strukturiert zusammenarbeiten.

 

Pandemic Preparedness

Die COVID-19-Pandemie hat die Bedeutung einer engen Kooperation zwischen den Universitätskliniken und weiteren Akteuren wie außeruniversitären Forschungseinrichtungen und dem Öffentlichen Gesundheitsdienst unterstrichen. Eine solche Zusammenarbeit und der Austausch von Wissen führten zu effektiveren Antworten auf die zahlreichen Herausforderungen der Pandemie. Das Netzwerk Universitätsmedizin (NUM) spielte hierbei eine zentrale Rolle, indem es durch intensive Koordination und Kooperation die Grundlage für schnelle und wirkungsvolle Verbundforschung schuf. Die kontinuierliche Kommunikation und das gegenseitige Lernen ermöglichten bedeutende Fortschritte im Verständnis von COVID-19 und verbesserten dadurch die Patientenversorgung sowie die Koordination in verschiedenen Versorgungsgebieten.

Zudem zeigte sich, dass erfolgreiche Kooperationen auf robusten Forschungsinfrastrukturen basieren müssen, die gemeinsam genutzt und entwickelt werden können. Diese waren zu Beginn der Pandemie nur unzureichend vorhanden und mussten daher im Rahmen des NUM aufgebaut werden. Die geschaffenen methodischen, technischen und organisatorischen Plattformen, einschließlich der Governance-Konzepte und rechtlichen Rahmenbedingungen, werden innerhalb des NUM nachhaltig weitergeführt und in Forschungsprojekten kontinuierlich genutzt und verbessert.

Deutschland offenbarte zu Beginn der Pandemie Schwächen in der Pandemievorsorge. Mit den im Rahmen des NUM entwickelten Strukturen trägt das deutsche Gesundheitsforschungssystem nun dazu bei, die Gesundheitsversorgung auf zukünftige Pandemien und andere Krisensituationen besser vorzubereiten. Dies erfordert jedoch ein langfristiges Engagement und eine enge Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft, Gesundheitswesen und Politik. Um eine dauerhafte Preparedness zu gewährleisten, ist es entscheidend, die neu geschaffenen Strukturen zu pflegen und die aus der Pandemie gewonnenen Erkenntnisse nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.

 

Ausblick

Das NUM hat die Zusammenarbeit der deutschen Universitätsmedizin innerhalb kurzer Zeit maßgeblich verändert und füllt mit seinen auf bundesweite Kooperation ausgelegten Strukturen eine Lücke in der biomedizinischen Forschungslandschaft. Es wurden nachhaltige Forschungsinfrastrukturen etabliert, die zur Pandemic Preparedness beitragen und nun auch für Krankheitsbilder oder Forschungsfragestellungen jenseits von COVID-19 genutzt werden. Diese durch und für gemeinsame Forschung geschaffenen Plattformen sollen dauerhaft betrieben und kontinuierlich weiterentwickelt werden, um die entstandene Vernetzung der gesamten deutschen Universitätsmedizin zu erhalten und Deutschland als Forschungsstandort bspw. im Feld der klinischen Studien zu stärken. Daher hat das BMBF eine Verstetigung des Netzwerks über die aktuell laufende Förderperiode hinaus in Aussicht gestellt.