Verbesserung der kardiovaskulären Risikoidentifizierung durch Synthese strukturierter klinischer Dokumentation und aus Biosignalen abgeleiteten Phänotypen (ACRIBiS)

Forschungsleiter: Eimo Martens

Projektziele

Medizinische Fachgesellschaften betonen die Bedeutung von Instrumenten zur personalisierten Risikobewertung, um die Vorbeugung, Diagnostik und Behandlung von Herz- und Kreislauferkrankungen gezielt zu verbessern. Doch die Umsetzung dieser Empfehlungen in die klinische Praxis in Deutschland steht vor erheblichen Herausforderungen. Technische Strukturen, um klinische Informationen aus verschiedenen Quellen zusammenzuführen, sind unzureichend. Die Datenerfassung in elektronischen Gesundheitsakten ist oft nicht standardisiert und strukturiert, und der Datenaustausch gestaltet sich schwierig, was automatisierte individuelle Risikoberechnungen behindert. Eine standardisierte Infrastruktur für hochauflösende Biosignalanalysen, eine bisher weitgehend ungenutzte Ressource für individuelle Risikobewertungen, fehlt ebenfalls.

Das Projekt ACRIBiS (Analyse und Kombination von Routinedaten und Biosignalen zur Risikobewertung in der Herzmedizin) setzt genau hier an. Es kombiniert standardisierte und strukturierte klinische Aufzeichnungen und Biosignalanalysen an 15 Partnerstandorten und untersucht die Verbesserungen der individuellen Risikoabschätzung, die durch diese Maßnahmen erreicht werden können. ACRIBiS wird somit einen grundlegenden Baustein für das zukünftige, dynamisch lernende Gesundheitssystem darstellen und auf Patientenebene den Weg zu einer nachweislich effektiven und dynamisch adaptiven klinischen Entscheidungsunterstützung ebnen.

Im Fokus der Arbeit von ACRIBiS stehen folgende Ziele:

  • Entwicklung einer strukturierten und standardisierten Dokumentation: Ein konsensbasierter Kerndatensatz von kardiovaskulären Routinedaten wird erstellt, der syntaktisch und semantisch vollständig interoperabel ist, um die kardiovaskuläre Risikostratifizierung und -vorhersage zu verbessern.
  • Integration von EKG-Daten aus verschiedenen Quellen: EKG-Daten werden in interoperable Datenbanken integriert, um eine standort- und geräteunabhängige Analyse für eine biosignalbasierte Risikovorhersage zu ermöglichen.
  • Ausarbeitung von Ethik-, Datenschutz-, IT-Sicherheits- und regulatorischen Anforderungen: Besonderes Augenmerk wird auf die Nutzung und gegebenenfalls Ergänzung der breiten Zustimmung sowie auf die Datensicherheit der Biosignaldaten gelegt, da diese eine sehr individuelle Bio-Informationsquelle darstellen.
  • Mit diesen Maßnahmen zielt ACRIBiS darauf ab, die klinische Praxis grundlegend zu verändern und die personalisierte Medizin im Bereich der Herz- und Kreislauferkrankungen signifikant voranzubringen.

Arbeitsplan

Entwicklung einer strukturierten und standardisierten Dokumentation

  • Definition eines kardiovaskulären Kerndatensatzes, notwendig für Risikovorhersagemodelle.
  • Definition von Ergebnisdaten zur Validierung von Risikovorhersage-Scores.
  • Maßstäbe für die Datenqualität und -präzision von kardiovaskulären Kerndaten.
  • Technische Umsetzung einer syntaktisch und semantisch interoperablen Dokumentation.

Integration von EKG-Daten

  • Integration von EKG-Wellenformdaten aus der klinischen Routine und persönlichen Gesundheitsgeräten.
  • Definition interoperabler gemeinsamer Datensätze für EKG-Metadaten und Ergebnisse.
  • Anpassung bestehender Risikovorhersagealgorithmen an verschiedene Geräte.
  • Implementierung in das medizinische Datenintegrationszentrum.

Unser Standort ist führend bei der Integration von EKG-Wellenformen und der Anpassung bestehender Systeme an die identifizierten Integrationsanforderungen. Dies umfasst die Systemarchitektur und die standortübergreifende Implementierung sowie die Definition gemeinsamer Schnittstellen.

Risikovorhersagemodelle und Referenzdaten

  • Bereitstellung von Referenzdaten und -software für Risikovorhersagealgorithmen.
  • Systematische Evaluierung der Vorhersageleistung für verschiedene klinische Ergebnisbereiche.
  • Dynamische Rekalibrierung von Risikomodellen.
  • Visualisierung der implementierten Modelle und Vorhersagen.

Ethik, Datenschutz und IT-Sicherheit

  • Implementierung eines breiten Einwilligungsprozesses (MII-Broad-Consent).
  • Schaffung rechtlicher Grundlagen für die Datenverarbeitung und den Datenaustausch.
  • Nutzung und Ergänzung bestehender Datenschutztechniken, angepasst an verschiedene Anwendungen.
  • Einhaltung von Datenschutzbestimmungen und Durchführung einer Datenschutz-Folgenabschätzung.

Unsere Expertise spielt eine führende Rolle bei der Sicherstellung der Datenschutzkonformität und der Implementierung geeigneter Schutzmechanismen für Biosignaldaten.

Verbreitung und Implementierung

  • Harmonisierung der klinischen Dokumentation an allen Standorten.
  • Einführung von Fähigkeiten zur Erfassung und Verarbeitung von Biosignalen.
  • Rekrutierung und Einverständniserklärung der ACRIBiS-Kohorte.

Wir leiten die Kommunikations- und Koordinationsstrukturen und stellen die Einführung der Biosignalinfrastruktur gemäß einem konsensorientierten Plan sicher.

Das ACRIBiS-Projekt zeigt, wie durch strukturierte und standardisierte Ansätze in der Datenintegration sowie durch die Berücksichtigung ethischer und datenschutzrechtlicher Anforderungen ein dynamisch lernendes Gesundheitssystem geschaffen werden kann, das präzise und personalisierte medizinische Entscheidungen ermöglicht.

 

NUM Geschäftsstelle TUM Medizin
 
Kontakt:
Forschungsteam
Dr. med. Eimo Martens
Dr. med. Eimo Martens
Univ.-Prof. Dr. Martin Boeker
Univ.-Prof. Dr. Martin Boeker
Dr. rer. nat. Helmut Spengler
Dr. rer. nat. Helmut Spengler
Apl. Prof. Dr. Georg Schmidt
Apl. Prof. Dr. Georg Schmidt